„Care killed the cat“

Kasamatsu Shirō (1898–1991): Moonlit Night with Cat (1958)
„Curiosity killed the cat!“
Dieses englische Sprichwort dürfte vielen bekannt sein. Katzen sind neugierig und diese Neugierde soll sie also umbringen. Das Sprichwort will Menschen vor unnötigen Nachforschungen oder Experimenten warnen, welche wohl häufig Unglück mit sich bringen würden.

Aber alte Sprichworte haben ja die Angewohnheit, heutzutage ganz andere Bedeutungen zu haben als ursprünglich mal gedacht. Und genau so verhält es sich auch mit der Katze und ihrer „Neugierde“.

Das Original lautete nämlich mal ganz anders: „Care killed the cat“ und stammt aus einem Theaterstück des englischen Poeten und Bühnenautors Benjamin Jonson (1572 – 1637), einem der wichtigsten Dramatiker der englischen Renaissance, neben William Shakespeare. Beide waren übrigens Rivalen.

Im Zusammenhang mit dem Theaterstück, wo das Zitat auftaucht, wird „care“ als Sorge, Unruhe oder Angst definiert. Und schon hat das Ganze eine völlig andere Bedeutung und so kommt die Katze durch zuviel Angst und Unsicherheit zu Tode! Siehe da.
Erst im späten 19. Jahrhundert kam es zur modernen Variante mit der Neugierde.

Dieser kurze Ausflug in die englische Theatergeschichte war notwendig, ja… 🙂

Jüngst in einer Konversation über Kampfkunst kam man auf die Neugierde zu sprechen. Schnell wurde mir klar, wie extrem wichtig die Neugierde für mich war, um der Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō beizutreten. Und diese Neugierde ist seither nicht kleiner geworden! Mir wurde aber auch schmerzlich bewusst, wie oft Leute kaum Neugierde aufbringen können, gerade in den klassischen japanischen Kriegskünsten, den Koryū-bujutsu. Interesse ist da, zweifellos. Aber das sollte man nicht mit Neugierde verwechseln.

Grundsätzlich spreche ich von der Neugierde, das über Jahre Erlernte auf die nächste Stufe zu heben.
Selbst für die Praxis von Taryū-jiai und Tameshiai in früheren Zeiten war wohl Neugierde eine zentrale Antriebskraft.

Kata-geiko ist ein zentraler Bestandteil der Beschäftigung mit Budō. Erst recht, wenn es sich um Sōgo-bujutsu handelt, also den Anwendungen unterschiedlicher Waffen innerhalb einer Ryūha. Denn hier muss man intensiv die verschiedenen Charakteristika jedes Werkzeuges (nichts anderes sind Waffen) studieren und lernen, wie die Schulprinzipien dabei Verwendung finden.

Gemäss meinem Verständnis war Kata-geiko aber nie der ursprüngliche Endzweck auch nur einer einzigen, klassischen Schule der Kriegskünste. Leider ist das heute jedoch die vorherrschende Meinung.

Man mag nun einwerfen, dass sich das „Umfeld“ in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg verändert hat und Kata-geiko heutzutage eben grundsätzlich Koryū-bujutsu definiert bzw. zu definieren hat.
Ich nehme niemandem den Glauben an diese Deutung, auch wenn ich sie persönlich absolut nicht teile.

Die Neugierde, die im Kata-geiko erlernten Prinzipien frei und erfolgreich anwenden zu können, ist einfach zu stark und die Erfahrungen damit zu überzeugend.

Zurück zu Benjamin Jonson, dem englischen Dramatiker: Er war in seinen jungen Jahren auch mal Soldat in einem englischen Regiment in den Niederlanden, wo er an Kampfhandlungen teilnahm. Und im Jahre 1598 tötete er einen Mann in Hoxton Fields (Nord-London) im Ehrenduell. Vermutlich hatte der Mann eine ziemlich gute Ahnung davon, was einen umbringt und was nicht.


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