Japan-Impressionen 2019

Zwei Wochen Japan-Trip sind kurz, sehr kurz. Aber besser als nichts! Leider war es aber logistisch dieses Mal nicht anders möglich. Daher waren auch praktisch alle Tage vollgestopft mit Programm.

Gelandet um sechs Uhr in der Früh am Flughafen Haneda. Dann gings mit dem Bus rüber nach Chiba. Wobei „rüber“ nicht ganz richtig ist, schliesslich unterquert man die gesamte Bucht von Tōkyō durch den „Tōkyō-wan Aqua Tunnel“.
Als man dann in der Präfektur Chiba wieder das Tageslicht erblickte, wurde man mit einem herrlichen Morgenpanorama auf die Tōkyō-Bucht belohnt!

 

Für die kurzen zwei Wochen stand einiges auf dem Programm:

Zum einen war ein Treffen mit Chiba Mai vereinbart, eine der Repräsentantinnen der Chiba-Familie. Gleichzeitig fungiert sie als Koordinatorin der zahlreichen „Ryōma-Kai“ weltweit, welche das Andenken an Sakamoto Ryōma hochhalten und dessen weitsichtige Taten für sein Vaterland ehren. Da Sakamoto zugleich ein Shihan des Chiba-Dōjō der Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō war, macht das natürlich Sinn!

Bei einem guten Abendessen und einigen Cocktails haben wir uns lange und ausführlich unterhalten. Hauptsächlich war ich an den zahlreichen „Ryōma-Kai“ interessiert gewesen. Sehr spannend, wie viele Menschen sich auch heute noch mit diesem Nationalhelden auseinandersetzen! Chiba-san ist schon weit in der Welt herumgekommen, aber in der Schweiz war sie tatsächlich noch nie. Dass soll sich in näherer Zukunft aber noch ändern!

Des weiteren freute ich mich ganz besonders auf das Treffen mit Paul Martin, einem der führenden Spezialisten wenn es um Nihontō geht.
Paul Martin war lange Zeit im Department of Japanese Antiquities des British Museum in London angestellt und es zog ihn schon früh zu den japanischen Rüstungen und Schwerter. Im British Museum war er für die Pflege der Ausstellungsstücke verantwortlich und hatte das Museum auf seinen zahlreichen Studienreisen nach Japan vertreten.
Über verschiedene Stationen kam er schlussendlich nach Tōkyō, wo er nun mittlerweile seit rund dreizehn Jahren lebt. Er betreibt eine Webseite The Japanese Sword, offeriert verschiedene Dienstleistungen rund um den Kauf/Export/Import von Nihontō, vermittelt erfahrene und lizenzierte Fachleute, wenn es um die Restaurierung von Klingen oder Koshirae geht. Paul ist zudem auch als Autor und Vortragssprecher aktiv. Über seine zahlreichen weiteren Unternehmungen kann man hier mehr noch erfahren: Profile Paul Martin

Seit einiger Zeit arbeitet er auch mit der japanischen Tourismusbehörde zusammen.

Mit ihm habe ich mich einen Nachmittag lang und intensiv unterhalten über die leider vermehrt auftretenden Leute, welche im Feld der Schwertrestaurierung ein Geschäft wittern.
Häufig sind dies Ausländer, welche nie eine traditionelle und langjährige Lehre bei einem lizenzierten Lehrer absolviert haben, trotzdem aber ihre Dienste anbieten. Meist haben solche Herrschaften nur sporadische Unterweisungen von einigen Lehrern erhalten, welche so etwas manchmal anbieten. Ansonsten kommen dann Youtube oder einfach Bücher zum Einsatz.
Natürlich kommt so etwas nicht mal in die Nähe einer klassischen Ausbildung. Paul hatte dazu einige echte Horrorgeschichten auf Lager…
Im Bereich der Kodōgu (Schwertzierat wie Tsuba, Menuki, Fuchi-Kashira) sowie der Tsukamaki-shi und Saya-shi (Griff- und Scheidenmacher) gibt es bereits lizenzierte Handwerker mit ausländischen Wurzeln, welche hervorragende Arbeiten abliefern. In der Schmiede- und Polierzunft hingegen gibt es derzeit keine Ausländer, welche die langjährige Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben.
Grundsätzlich sollten die Alarmglocken schrillen, wenn jemand seinen Lehrer und Lehrlinie nicht nennen will (dito Koryū-Bujutsu!). Ausserdem ist es gar nicht möglich, so eine Ausbildung (zwischen sieben und zehn Jahre!) zu absolvieren, ohne über hervorragende japanische Sprachkenntnisse zu verfügen. Nein, von Eins bis Hundert zählen und Sushi-Namen auswendig zu können reicht da nicht… 😉

Es ist also jedem, der solche Arbeiten in Auftrag geben will, angeraten, diese ausschliesslich von entsprechend geschulten Leuten ausführen zu lassen. Daher ist auch die Nachfrage nach Lehrer, Lehrlinie und Lizenzen keine Frechheit oder Anmassung. Und wer nicht nachweisen kann, dass er lange Zeit in Japan bei einem entsprechenden Meister verbracht hat, hat schon mal ganz schlechte Karten. Leider lassen sich aber viele Kunden von günstigen Preisen verlocken, welche diese Hochstapler versprechen.

Last but not least, wollte ich unbedingt die beiden Keikojō der Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō in Tōkyō besuchen, welche unter der Leitung meiner guten Freunde Bello Nico-sensei und Emori Naoyoshi-sensei stehen. Es war eine Freude, nach langer Zeit wieder mit den beiden trainieren und kämpfen zu können! Auch der frühere 6. Sōke, Ōtsuka Yōichirō Taira no Masanori, ist bei den Trainings regelmässig anwesend und gibt Schülern wichtige Unterweisungen mit auf den Weg. Auch in Tōkyō entwickeln sich die Schülerzahlen sehr erfreulich, gerade und besonders auch bei den Damen!
Nach dem Training gingen einige von uns natürlich noch gut essen, wie sich das gehört!

 

 

Ich erwies selbstverständlich auch dem Gründer der Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō, Chiba Shūsaku Narimasa (1793 – 1856), Ehrerbietung. Sein Grab liegt im Honmyōji-Tempel in Sugamo, ein Stadtteil im Nordwesten von Tōkyō.

Im selben Tempel befindet sich übrigens auch das Grab von Tōyama Kagemoto (1793 – 1855).
Er war ein Hatamoto und Beamter des Tokugawa-Shogunats. Sein Vater hatte den Posten des Magistrats von Nagasaki inne.
Während seiner Jugend verliess er die Familie aufgrund eines Zwists und lebte als Vagabund und Tagelöhner unter den normalen Bürgern. Als er den Titel seines Vaters und den Hausstand als ältester Sohn übernahm, kehrte er in den Samurai-Stand zurück und wurde selbst Magistrat, allerdings in Edo. Zuerst diente er als Finanzmagistrat, später als Magistrat des Nordens und darauf als Magistrat des Südens in Edo. Als Edo-Magistrat war man Leiter der Polizeibehörde wie auch der Feuerwehr und diente als Richter im Zivil- und Strafrecht.
Kagemoto genoss enormes Ansehen in der Bevölkerung, denn er lehnte sich auf gegen Vorschläge, welche Theater und andere populäre Unterhaltungen für die gemeine Bevölkerung verbieten wollten während der Tenpō-Reform 1842.
Ich fragte mich, ob sich die beiden Männer, aufgrund ihrer Popularität wohl kannten…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sugamo hat einen sehr eigenen, etwas altertümlichen Charme. Weit weg von den grossen, lauten und strahlenden Gegenden wie Ginza, Shibuya, Shinjuku oder Akihabara.
Die letzte verbliebene Strassenbahnlinie (Tram) in Tōkyō trägt viel zu diesem Charme bei, die Toden-Arakawa-Linie, welche 1913 eröffnet wurde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Für meinen Sohn, der mittlerweile ein talentierter und ambitionierter Fotograf ist (hauptsächlich „street photography“ und Porträts), ist Tōkyō natürlich der Himmel schlechthin. Für ihn ist Japan seine zweite Heimat und mittlerweile ist er durchaus auch froh, dass er jahrelang den Japanisch-Unterricht seit seinem 6. Lebensjahr besuchen „durfte“…
Wir sind tagelang (und auch Nächte, ja!) durch die Stadt gestreift und er konnte seiner Leidenschaft fröhnen!

Hier teile ich gerne mal einige wenige seiner Shots:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und ja, ein Foto vom „Alten“ in der Ginza konnte ich ihm auch noch abringen…. 🙂


 

Mehr seiner Arbeiten finden sich hier www.ericstehli.com und hier https://www.instagram.com/passionbyeric/

Natürlich darf in Japan das Essen nicht zu kurz kommen! Here you go!


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