Heute wird es etwas persönlich…
Nun, da mein Wakizashi endlich seine verdiente Koshirae bekommen hat, wird es Zeit für einen Beitrag über mein Schwerterpaar.
Das Wakizashi
Beginnen wir mit dem eingangs erwähnten Kurzschwert.
Es handelt sich dabei um eine Arbeit des Higo-no-kami Kuniyasu, einem Sohn des Kawachi-no-kami Kunisuke (1. Generation). Kuniyasu stammte aus der Provinz Ise (Kameyama) und war dort bereits als Schwertschmied tätig, ging aber bald schon nach Osaka. Er war während der Kanbun-Ära (1661 – 1673) aktiv. Dieses Wakizashi stammt aus der späteren Schaffensperiode um 1670 und besitzt alle typischen Attribute einer Osaka-Shintō Klinge aus dieser Zeit. Kuniyasu gehörte zur Osaka Kunisuke-Schule.
Und hier einige Impressionen der fertig montierten Klinge:
Diese Klinge ist seit über zwanzig Jahren in meinem Besitz.
Als ich anfing mich mit japanischen Schwertern zu befassen, konnte ich mich glücklich schätzen, dass in Basel einer der wichtigsten europäischen Sammler und Kenner japanischer Schwerter ansässig war, Herr Kurt Indlekofer.
Ihm verdanke ich einen Grossteil meines Wissens über Bijutsu Tōken. Jeden Mittwoch traf sich ein kleines Grüppchen von Schwertliebhabern bei Herrn Indlekofer (ich war mit Abstand der Jüngste…) und bei einem Glas Wein wurden Schwerter, Tsuba und Kodōgu aus der umfangreichen Sammlung Indlekofer oder anderer Mitglieder begutachtet. Er war hautpsächlich dafür verantwortlich, dass ich mein Auge für Qualität schulen konnte.
Seine wichtigste Lektion kommt mir beinahe jedes Mal in den Sinn, wenn ich ein Schwert betrachte: „Schlechte Schwerter verderben die Augen!“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Nach einigen Jahren der Lektüre und Studium vieler hervorragender Klingen wurde natürlich der Wunsch geweckt, ein eigenes Schwert zu besitzen. Da Herr Indlekofer alljährlich nach Japan reiste, gab ich ihm meinen „Auftrag“ mit: Ein Wakizashi in Shinogi-zukuri Bauweise, aus der frühen Shintō-Periode stammend, signiert und ungekürzt. Alles andere überliess ich seiner Präferenz.
Und bekommen habe ich dieses Schwert in einer Shirasaya, versehen mit einer Sayagaki von Sato Kanzan-Sensei, einem der Gründer der NBTHK (Nippon Bijutsu Tōken Hozon Kyōkai) im Jahre 1948.
Das Katana
Nach einigen Jahren des Iaidō-Trainings wollte ich dann auch mit einem Shinken üben. Das war zu einer Zeit (Anfang der 90er-Jahre), als man in guten Iai-Dōjō noch ermutigt wurde, möglichst schnell auf Shinken umzusteigen… Das waren noch Zeiten!…
Auf einer meiner ersten Japan-Reisen besuchte ich zusammen mit Herrn Indlekofer dann in Tōkyō Sokendō, das Geschäft des Schwerthändlers Kurokawa Seikichi. Von diesem Händler stammt übrigens auch das oben beschriebene Wakizashi.
Mir schwebte ein Shinsakutō vor, ein zeitgenössisches Schwert. Kurokawa-san zeigte mir diverse Klingen, aber ich blieb unweigerlich an diesem Schmuckstück hängen, mit dem ich nun regelmässig Battōjutsu trainiere.
Das Schwert besass damals eine etwas heruntergekommene Koshirae und so bestellte ich bei Kurokawa-san eine neue. D.h. alles wurde ersetzt bzw. neu angefertigt inkl. Saya und Tsuka. Kurokawa-san zeigte mir ein fast komplettes Kodōgu-Set bestehend aus Tsuba und Fuchi-Kashira aus der Edo-Periode. Genau das wollte ich! Leider waren keine Menuki dabei. Aber Kurokawa-san gab diese gerne bei einem entsprechenden Fachmann in Auftrag. Somit bekam das Schwert eine vollständige Kaga Kinko-Montur.
Der Schmied der Klinge war Enomoto Tatsuyoshi (1951 – 2013), Sohn des Enomoto Sadayoshi, welcher das Schmiedehandwerk bei Gassan Sadakatsu erlernte (Osaka Gassan-Schule). Die Klinge ist signiert mit „Sadayoshi“. Tatsuyoshi signierte zu Beginn seiner Karriere eine kurze Zeit lang mit Sadayoshi, benutzte allerdings ein anderes Kanji für „yoshi“ als sein Vater. Zudem ist die Klinge datiert (August, im Hasen-Jahr (Shōwa 50) = 1975). Da Tatsuyoshi seine Schmiede-Lizenz Anfang 1975 erhielt, handelt es sich bei dem Schwert also um eine frühe Arbeit des lizenzierten Schmiedes.
Die Koshirae
Daishō Koshirae, eine vollständig übereinstimmende Montur des Lang- und Kurzschwertes, mag zwar seinen ästhetischen Reiz haben. Persönlich bin ich jedoch kein grosser Fan davon und mag den ziemlich sterilen Eindruck, den eine Daishō Koshirae vermittelt, nicht.
Jedes Schwert besitzt einen eigenen Charakter und eine Koshirae sollte eben diesen auch unterstreichen. Um ein halbwegs uniformes Erscheinungsbild zu erhalten, reicht es meist, die Saya und die Tsuka-Ito in übereinstimmenden Farben zu halten. Aber selbst das muss nicht sein.
Ich kann mich glücklich schätzen, einen guten Freund in der Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō zu haben, welcher handwerklich äusserst begabt ist und sehr gute Koshirae von Grund auf anfertigen kann. Das Ganze versieht er dann auf Wunsch mit alten Tsuba und sonstigen Teilen wie Fuchi-Kashira und Menuki, ganz nach dem Geschmack des Kunden.
Die beiden Klingen repräsentieren für mich aufgrund ihrer jeweiligen Schmiede-Epoche sehr schön das Konzept „alt + neu“. Trotz der 300-jährigen Altersdifferenz ergänzen sich beide Schwerter hervorragend und es ist eine Freude regelmässig damit trainieren zu dürfen.
Zufälle gibts…
Die Klingenlängen (Nagasa) gestalten sich wie folgt:
Wakizashi: 1.62 Shaku (49 cm)
Katana: 2.6 Shaku (78.8 cm)
Damit besitzen beide Schwerter praktisch die exakten Masse, welche in der Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō verwendet werden! Schicksal eben.
Vielen Dank für den Beitrag! Darf ich fragen, wie lange die Tsuka des Katanas ist? Viele Grüße aus D?
Hallo Somakuri
Schön, dass dir der Artikel gefällt!
Die Tsuka ist genau 27 cm lang. Ich habe noch die alte Tsuka der alten Koshirae und auch der war genau so lang. Mein erstes Iaitô (praktisch dieselbe Klingenlänge wie das Shinken), welches ich immer noch habe, hat eine Tsukalänge von 26 cm.