Das Paradoxon Koryû – oder: Was ist eigentlich geheim???

Koryû (bzw. deren Praktizierende) werden ja bevorzugt in die Schublade mit der Aufschrift: „Elitär, Snobs, Wichtigtuer, Geheimniskrämer“ gesteckt.

Irgendwie verständlich, da die Lehren welche diese Ryû-ha vertreten ja oftmals einen „geheimen“ Anteil aufweisen, der nicht gleich jedem nach einem Jahr Training schon offenbart wird. Aber operieren diese klassischen Schulen deswegen schon im Versteckten und Geheimen? Wer das glaubt, der hatte die letzten zehn Jahre wohl keinen Internetzugang.

Es ist eigentlich das genaue Gegenteil! Authentische Koryû sind keine Massenveranstaltung und darum sind sich deren Oberhäupter sehr wohl der Gefahr bewusst, was sehr geringe Mitgliederzahlen für den Fortbestand der jeweiligen Schule bedeuten können. D.h. eine gesunde Anzahl Studenten sichert den Erhalt der Schule (sofern diese natürlich der Schule die Treue halten).

Die Internetpräsenz vieler dieser Schulen ist erstaunlich. Ich spreche hier sowohl von den Hombu-Dôjô in Japan wie auch von deren eventuellen ausländischen Ablegern. Nirgends wird mit allgemeinen Informationen zur jeweiligen Schule gespart. Üblicherweise findet man kurze historische Abrisse sowie Genealogien (also Lehrlinien), Einblicke in den technischen Curriculum, falls vorhanden Links zu eigenen Enbu, evtl. Verweise auf befreundete Schulen, etc. Hier sieht und spürt man vorallem den Stolz auf die eigene Schule aber mit Sicherheit kein Verstecken hinter nebulösen Hinweisen!

Mit all diesen Infos sollte es für den Interessierten relativ einfach sein, die Angaben zu verifizieren, z.B. durch ein kurzes Studium der vorhandenen Literatur oder dann wieder online über diverse spezialisierte Foren.

Im übrigen war das in früheren Zeiten auch nicht viel anders. Die Schulen und deren Lehrer waren bekannt, die Standorte der Dôjô in grösseren Ortschaften häufig mit grossen Namensschildern versehen. Schulen, welche in totaler Isolation operierten hatten selten eine Überlebenschance.

Ich denke, die authentischen Koryû machen in diesem Sinne alles richtig: Grösstmögliche Transparenz bei den allgemeinen Infos zur Schule die geradezu dazu einladen, sich zu vergewissern das alles seine Richtigkeit hat. So gesehen, zelebrieren ausgerechnet die Koryû eben KEINE Geheimnistuerei! Denn nur so ist die Abgrenzung zu Scharlatanen möglich.

Alles andere (simplifizierte Hinweise auf den ominösen „Bushidô“ oder das „Hagakure“, keine Lehrlinien, keine Kanji, eine prinizpielle Abwehrhaltung bei Fragen, etc.) überlassen wir gerne denen, die meinen ihre Eigenkreationen so unter die Leute bringen zu können.


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